,,1773 d. 28 Martii ist zwischen dem Hochwürdigen H. Praelat zu Sayn und den beyden brüdern H. Philipp und Henrich Stummen ein accord betreffend eine neue Orgel geschlossen worden" 1) zur Literaturangabe
Das Gehäuse folgte einem Prospektmodell, das
variiert mehrfach gebaut wurde, die Brüstung, "die noch auf beyde
seyten des wercks müßen gemacht werden" sollen "von werck an,
biß an die mauer etwas hohl lauffen oder gemacht werden, welches
ungemein schön uns auffalt" 2) zur
Literaturangabe
"..... der Kasten von gutem Eichen Holz mit den gehörigen Zierrathen
verfertiget, und mit folgenden spezifizierten registern, mit drey Bälgen,
die beyden Clavier mit Schwartz Eben Holz biß ins hohe D, das Pedal
von 15 Thön" versehen werden.
Zu Michaelis (29. September) 1778 stellte Johann Heinrich Stumm die
neue Orgel in Aussicht, am 21. November 1778 wurde die letzte Rate für
die fertige Orgel quittiert, die folgende Disposition hatte:
Manual | |
1. Principal | 8 fuß von Zinn |
2. Hohl Pfeiff | 8 fuß in Baß Holz in
Discant materi |
3. Viol de Gambe | 8 fuß |
4. Flaut | 4 fuß |
5. Quint | 3 fuß |
6. octav | 4 fuß |
7. Super octav | 2 fuß |
8. Tertz | 1 3/5 fuß |
9. Cornet | vierfach |
10. Mixtur | vierfach |
11. Trompet | 8 fuß von Zinn |
dazu das 1778 während der Bauzeit dazugekommene | |
12. Groß getact | 16 fuß 3) zur Literaturangabe |
sowie ohne archivalischen Nachweis, vermutlich über "accord" geliefert | |
13. Solicional | 4 fuß |
Manual Coppel |
Positiv | |
1. Principal | 4 fuß von Zinn |
2. Pordong | im Baß Holz 8 fuß |
3. Rohrflaut | 4 fuß von materi |
4. Octav | 2 fuß |
5. Flauta travers | 8 fuß in Discant von bieren baum Holtz |
6. Quint | 3 fuß von materi |
7. Crom Horn | 8 fuß |
8. vox humana | 8 fuß |
9. Tremulant | |
10. Mixtur | 3 fach |
Pedal | |
1. Sub Bass | 16 fuß von Holz |
2. Posaun Baß | 16 fuß |
3. octav Baß | 8 fuß |
Pedal Coppel 4) Zur Literaturangabe |
1952 jedenfalls war die Orgel auch im Manualbereich in der Disposition verändert, die Klaviaturen und die Mechanik waren teilweise erneuert. Insbesondere das Vorziehen der Empore ins Kirchenschiff hinein hatte die Platzsituation völlig verändert: Das Positivgehäuse stand ebenerdig im Rücken des Chores und mußte durch Teile der früheren geschwungenen Brüstung vor Beschädigung geschützt werden.
Das Pfeifenwerk der Orgel war nicht nur durch die Abgabe der zinnernen Prospektpfeifen im 1. Weltkrieg unvollständig, im Inneren fehlten alle Zungenregister, die Mixtur im Hauptwerk war lückenhaft, die kleine Mixtur im Positiv war zugunsten einer Femflöte 8' ausgetauscht.
Ebenso nicht mehr original waren weite Bereiche der Spieltraktur. Deshalb sahen Hans Klais (gest. 1965) und der Orgelkonservator Dr. Franz Bösken (gest. 1976), bei der Restaurierung von 1954 im Auseinanderziehen von Positiv (zum Rückpositiv) und Hauptwerk (im ergänzten Hauptgehäuse) sowie mit einem zentralmittigen freistehenden Spieltisch mit neuer Mechanik die ideale Orgellösung, ohne die Nachteile für die aufeinander bezogene Struktur der genannten Orgel genügend zu beachten. Große Sorgfalt wurde dagegen auf die Restaurierung der originalen Windladen sowie des Pfeifenwerks verwendet. Zahlreiche Konzerte und Rundfunkaufnahmen in der Folgezeit bis etwa 1965 zeigten die hohe Wertschätzung der Arbeit von 1954. Erst danach folgte die Vernachlässigung des Instrumentes, bedingt durch unregelmäßige und schlechte Pflege, in deren Folge Schäden an dem gesamten Instrument, begünstigt durch die hohe Luftfeuchtigkeit in der Kirche und den zunehmenden hohen Grad der Verschmutzung.
Der nach 1990 konkret werdende Wunsch einer erneuten Restaurierung zielte folgerichtig darauf ab, dem Instrument möglichst weit seine ursprüngliche Authentizität zurückzugeben. Dazu ermutigten inzwischen gewonnene Erfahrungen an restaurierten Stumm-Orgeln und das Wissen, das inzwischen über die Arbeit und über die Werkstattpraxis der Familie Stumm vorliegt.
So kam folgendes Restaurierungskonzept zustande:
1. Die Empore wird auf das ursprüngliche Maß zurückgebaut, die Orgel kommt wieder auf die ihr 1778 zugedachte Stellfläche. Die originalen Fußbodendielen bleiben erhalten.
2. Das Gehäuse wird wieder zusammengerückt, Positiv und Hauptmanual in einem Gehäuse vereint, das im Bereich der Unterkonstruktion nach vorhandenen Fotos ergänzt wird. Die Spielanlage wird nach erhaltenen Fotos bzw. nach der etwa zeitgleich gebauten Orgel von Simmern rekonstruiert.
3. Die Disposition der beiden Manuale wird soweit wie möglich rekonstruiert, neue Pfeifen in Material, Mensur, Machart und Tonhöhe soweit als möglich hergestellt, Originale Pfeifen dabei als Vorgaben für Stimmtonhöhe und Temperierung verwendet: Der archivalisch nachgewiesene Chorton liegt bei 416 Hz bei 18° C, also etwa einen halben Ton tiefer als heutige Normalstimmung, was anhand unveränderter Pfeifen bestätigt wurde. Die Temperierung wird entsprechend der abgewandelten Mitteltönigkeit nach Valotti gelegt.
4. Die Mechanik wird entsprechend erhaltener Wellrahmen rekonstruiert mit handgeschmiedeten Eisenteilen und der charakteristischen Machart der Holzteile aus Eiche und Fichte.
5. Die Pedalanlage von 1954 bleibt aufgrund ihrer hohen Qualität erhalten. Sie wird jedoch, wie damals vorgesehen, aber während der Bauzeit verändert, auf C-c' im Umfang reduziert, im Detail behutsam an größere Pedaldispositionen der 2. Stummgeneration angepaßt. Die Lade, abgerückt vom Gehäuse, wird mit einem einfachen Verschlag gegen unbefugten Eingriff geschützt.
6. Aufgrund der Platzsituation wird nicht die Keilbalganlage mit drei Froschmaulbälgen rekonstruiert, sondern eine großzügig ausgelegte Magazinbalganlage vorgesehen, die ebenso wie das originale Balgsystem mit ,,offenem" Wind funktioniert.
7. An der Gehäusefassung bleibt der 1954 geschaffene Zustand erhalten.
8. Die Emporenbrüstung wird unter Verwendung der originalen Füllungen rekonstruiert.
II. Hauptmanual C - d''' = 51 Töne
(Reihenfolge der Register entsprechen der Reihenfolge auf der Lade
von vorne nach hinten)
Principal | 8' | Prospekt C-b", c-gs° 1996 rekonstruiert, a°-d"' original. |
Groß getact | 16' | C-h° Eiche/Fichte gedeckt 1954, Füße für originale Stockbohrungen ergänzt. c'-d"' Metall, gedeckt, original. |
Viol de Gambe | 8' | Metall, C-d"' 1996 rekonstruiert, Mensur nach Sulzbach, ev. Kirche. Ohne lntonationshilfen intoniert (keine Seitenbärte), als Ersatz für Gamba 8' unterschiedlicher Provenienz. |
Octav | 4' | Prospekt C-G, 1996 rekonstruiert, Gs-cs", ds"-ds"' Original, d" 1996 rekonstruiert. |
Hohl Pfeiff | 4' | C-h° Eiche/Fichte 1954 gedeckt, Füße für originale Stockbohrungen ergänzt, c'-d"' Metall, original. |
Cornet 4f | 4' | ab c' hochgebänkt, Metall, original davon 19 Pfeifen 1996 rekonstruiert. |
Salicional | 4' | Metall, c-cs"' Original, d"' 1996 rekonstruiert. |
Quinte | 3' | Metall, original, jedoch cs', f', g', fs", g" 1996 rekonstruiert. |
Flaut | 4' | Metall, gedeckt, C-cs" original, d"' 1996 rekonstruiert. |
Superoctav | 2' | Metall, C-cs"' original, d"' 1996 rekonstruiert. |
Tertz | 1 3/5 | Metall, C-c", ds"-cs"' original, cs", d", d"' 1996 rekonstruiert. |
Mixtur 4f | 1' | 1' Metall, 37 Pfeifen original aus anderen Registem rückgeführt,
die aufgrund einer (nicht ursprünglichen) Nummerierung folgende
Zusammensetzung ergeben:
C 1' 2/3' 1/2' 1/3' g° 2' 1 1/3' 1' 2/3' g' 4' 2 2/3' 2' 1 1/3' |
Trompet | 8' | Baß-/Diskantteilung zwischen h°/c'. Metall, 1996 rekonstruiert, nach Ausweis der Stöcke. Bauartwechsel (Stiefel mit Spitze, Ring und Nuß; Stiefel gekulpt, Ring Nuß, Stiefel an Becher hochgezogen) zwischen d°/ds°, Schiffchenkehlen mit schrägem Boden. |
I. Positiv C-d''' = 51 Töne
Principal | 4' | Prospekt c-fs°, dazu 16 blinde Pfeifen, g°-cs" original, d"' 1996 rekonstruiert, |
Pordong | 8' | C-h° Fichte/Eiche, 1954, Füße für originale Stockbohrungen ergänzt, c'-d"' Metall, original. |
Flauta travers | 8' | ab c', Holz (Deckel Kirschbaum, Seiten, Boden und Kern Eiche), c'-cs"' original, d"' rekonstruiert. |
Rohrflaut | 4' | Metall, gedeckt und ohne Röhrchen. c-c", d"-b", c"'-d"' original, cs", h" 1996 rekonstruiert. |
Quint | 3' | Metall, C-H gedeckt, ab c° offen, C-d", e"-a" , b"-c"' original, ds", a", cs"', d"' 1996 rekonstruiert. |
Octav | 2' | Metall, C-h', cs"-e", g", gs", b", h" original, c', f, fs", a", c"'-d"' 1996 rekonstruiert. |
Mixtur 3f | 1' | Metall, 1996 rekonstruiert. Zusammensetzung:
C 1' 2/3' 1/2' g° 2' 1 1/3' 1' g' 4' 2 2/3' 2' |
Crom Horn | 8' | Metall, 1996 (rekonstruiert nach Simmern, Stephanskirche). |
Vox humana | 8' | Metall, 1996 (rekonstruiert nach Simmern, Stephanskirche). |
Tremulant | als Kanaltremulant (rekonstruiert nach Kleinich, ev. Kirche). |
PEDAL
C-c'
Laden
von 1954 weiterverwendet, Besetzung von hinten nach vorne (Stimmgang):
SubBaß | 16' | Eiche/Fichte, gedeckt 1954. |
OctavBaß | 8' | Eiche/Fichte, offen 1954. |
Violoncell | 8' | Eiche/Fichte, offen 1996 nach Mensur Geisenheim, Heilig Kreuz bzw. Ellern, ev. Kirche. |
Superoctav | 4' | Metall, 1996 rekonstruiert nach Mensur Meisenheim. |
Quint | 6' | Eiche/Fichte, gedeckt 1996, rekonstruiert nach Mensur Meisenheim. |
Posaun Bass | 16' | Becher von 1954, Stiefel aus Eiche, Kehlen aus Zinn 1995 rekonstruiert nach Simmern. |
Clarin Bass | 4' | Metall, 1954 |
2) Staatsarchiv Koblenz, Abt. 172, Nr.14; Brief vom 20. August 1778 von Joh. Heinrich Stumm. Zurück zur Textstelle
3) Staatsarchiv Koblenz, Abt. 172, Nr.14; Notiz von Joh. Heinrich Stumm vom 14. September 1776 zurück zur Textstelle
4) Staatsarchiv Koblenz, Abt. 172, Nr. 14; Wortlaut der Register nach Schreibweise im Vertrag, unterschrieben haben den Vertrag Joh. Philipp Stumm und Joh. Heinrich Stumm sowie Joachim Harras, Stadtorganist (von Koblenz?). Die Schlußquittung unterschrieben Johann Michael und Franz Stumm. zurück zur Textstelle
5) Franz Hermann Kemp, Die Praemonstratenserabtei Sayn, Bendorf 1952, S.39-40 zurück zur Textstelle
6) Staatshochbauamt Koblenz, Archivmaterial
zu den Baulichkeiten der Patronatskirche zu Sayn.
Herrn W. Heinzen sei herzlich gedankt für die Überlassung
seiner Archivfunde. zurück
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